Freitag, 11. Mai 2012

Vom Schenken, Helfen, Ausleihen – und den dazu passenden Höflichkeiten

Ich erinnere mich an meinen Auszug von zu Hause und meinen Einzug in die erste WG in Marburg. Damals entstanden auf einen Schlag zwei WGs auf zwei Etagen mit bunt zusammengewürfelten Menschen, die sich nicht kannten. Muss ich sagen, dass ich DANKBARERWEISE die WG mit den netteren Leuten erwischt habe?! Auf jeden Fall haben alle gestrichen und geräumt, geputzt ... Ich war zwischenzeitlich weg und vermisste bei meiner Rückkehr meine Utensilien. Die hatten Beine bekommen und fanden sich ganz nonchalant in der WG eine Etage tiefer. Nicht nur, dass niemand gefragt hatte, die Sachen sahen aus wie ... und wirklich Anstalten, Pinsel, Leiter & Co. zu säubern und zurück zu geben, machte keiner. Ich weiß dass ich das einfach nur beschissen fand, denn ich hatte die Sachen ja auch geliehen, von meinen Eltern zwar, aber es waren eben nicht meine. Was mich noch mehr aufregte, war die Tatsache, dass die netten Nachbarn gar nicht verstanden, warum ich so uncool war ...

Das ist ca. 15 Jahre her – und auch heute finde ich diese Haltung schlicht unerzogen. Ja, unerzogen, denn da bin ich spießig. Man fragt, bevor man sich etwas nimmt und wenn man sich etwas ausborgt, gibt man es bitte möglichst zügig, unaufgefordert und im Ursprungszustand zurück. Gekrönt wird dieses Verhalten von einem Danke! Ich finde das eigentlich ganz normal. Klar geht einem auch mal etwas durch, man vergisst Sachen, man übersieht sie, schiebt es auf – alles kein Problem. Das geht wohl jedem mal so, aber die Absicht sollte stimmen. Und wenn ich etwas lange nicht in Ordnung bringe, ist ein „Entschuldigung“ nicht der schlechteste Weg. Vielleicht ein Kärtchen, eine kleine Aufmerksamkeit? Das geht schon weiter, aber zumindest doch „Bitte, Danke und Entschuldigung“ sollten Worte sein, die nicht soo schwer fallen.

Wieso ich mich gerade jetzt daran erinnere? Weil ich in letzter Zeit immer wieder über solche Begebenheiten stolpere, nicht nur selbst,sondern auch im Gespräch mit Freunden, Bekannten, in der Familie. Da geht es einfach darum, dass der- oder diejenige gar nicht verstehen, warum es so schwer ist, sich – in ihren Augen – anständig zu verhalten. Da wird hinterfragt, ob die eigenen Erwartungen zu hoch sind. Da ärgert man sich über die „eigene Dummheit“, dass man geholfen hat, jemanden unterstützt hat ... Denn die Problematik gilt gleichermaßen für das Ausleihen wie für das Schenken und das Helfen bzw. Unterstützen. Wer hilft, schenkt oder leiht, entscheidet sich dafür, weil er es möchte. Ganz sicher sollte man dafür nichts erwarten, geschweige denn, Gegenleistungen fordern und Handlungen aufwiegen, denn das wird ganz schnell gruselig. Doch ist es auch eine Frage der Wertschätzung und des Respekts, so finde ich. Ist es zuviel erwartet, dass sich Menschen bedanken, Sachen einfach zurückgeben, sich auch mal entschuldigen, nicht einfach NUR abgreifen und immer weiter fordern, aber selbst so gar nichts geben? Ich finde diesen Anspruch recht „normal“ und tröstlich stelle ich fest, ich bin nicht allein damit. „Eine Hand wäscht die andere“ ist so ein Spruch, der etwas Wahres in sich trägt. Wenn nur eine Seite gibt, die andere nur nimmt, entsteht schnell ein Ungleichgewicht – und Unmut. Der Geber fühlt sich ausgenutzt und überlegt es sich beim nächsten Mal vielleicht zweimal, ob er wirklich hilft oder er ist der ewig Dumme. Beides nicht schön.

Doch wenn jemand nicht weiß, wie er sich benehmen sollte, sich nicht bedanken kann oder einfach blind ist für das, was im Zuteil wird – was macht man dann? Erklärt man einem erwachsenen Menschen wie er sich verhalten könnte oder gar sollte? Sehr schwierig! Niemand ist perfekt und wie gesagt, manchmal ist es so trubelig oder man ist gedankenverloren, dass man eben auch mal Sachen vergeigt – das ist menschlich, denn soo gute Menschen ;-) sind wir halt alle nicht. Trotzdem muss ich sagen, ich stehe auf Manieren und finde es klasse, wenn Menschen höflich sind und nicht alles für selbstverständlich hinnehmen, geschweige denn dummdreist werden. Gedankenverloren ist eine Sache, gedankenlos eine andere. Also halte ich inne, ermahne mich zur Dankbarkeit und bemühe mich selbst zumindest, nicht allzu viel zu verbaseln und die Zauberworte der Kindheit regelmäßig zu beschwören: „Bitte, Danke und Entschuldigung!“

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