Sonntag, 18. März 2012

Liebenswert-entspanntes Sachsen: Leipziger Buchmesse 2012

Zurück von der Buchmesse, lasse ich die Ereignisse etwas sacken und denke über das Phänomen „entspanntes Leipzig“ nach. Ich kenne einige Kolleginnen und Kollegen, die Leipzig preisen: als Publikumsmesse, für die angenehme Atmosphäre, die entspannte Stimmung, den netten Austausch, die überschaubare Größe gegenüber Frankfurt, die vielen Lesungen ... Frankfurt oder Leipzig, Frühjahrstreff oder Herbsthighlight, Entspannung oder Stress?
Ich muss gestehen, ich gehöre zu den Frankfurt-Liebhabern und mag die hektische Stimmung, das wuselige Treiben, den Stress, die Wege, die Größe, die Masse, das Adrenalin ... Doch man muss ehrlich sagen, das entspannt-liebenswerte Leipzig hat wirklich Vorzüge, die im Vergleich zu Frankfurt doch auffallend sind. Einige rein subjektive Anmerkungen:

Fahrer öffentlicher Verkehrsmittel
In diesem Punkt liegt Leipzig ganz weit vorn! Das ist schon skurril-schön und ich muss an mich halten, um nicht schallend laut loszulachen, als der Busfahrer in höflich-fröhlichem Tonfall darauf hinweist, dass um die Türen schließen zu können, alle wie die Salzsäulen erstarren sollen. Nein, keine Ironie und keiner muss aussteigen, das ist ernst gemeint. Klappt nicht beim ersten Mal, da der eine oder andere sich doch bewegt, was aber nur mit Humor und Geduld kommentiert wird. Beim vierten Versuch schließen tatsächlich die Türen und wir fahren los. Ich denke an Frankfurt, wo bereits um 8.40 genervt gebrüllt wird ;-) Bus, Straßenbahn oder Taxi – unterwegs wird freundlich kommentiert und Werbung für Leipzig und die Messe gemacht, was mir auch einige Kollegen und Kolleginnen bestätigen. Humor, Geduld und Lokalpatriotismus werden hier groß geschrieben!

Hotel
Ich darf ja während der Frankfurter Messe im eigenen Bett schlafen, aber mein Eindruck von Leipzig ist sehr positiv und ich kenne Geschichten von Kollegen von Frankfurt ... Im Hotel ist es erstaunlich entspannt und auch die Preise sind in Anbetracht der Messe noch im Rahmen. Besonders positiv erstaunt bin ich darüber, dass man sogar Zeit für den berühmt-berüchtigten Servicegedanken hat, die Menschen erstaunlich hilfsbereit sind, freundlich und geduldig: Man kümmert sich! Vielleicht auch eine Mentalitätsfrage, aber da kann der häufig etwas stoffelige-herbe Hessencharme noch ausgebaut werden ;-)

Wetter
Das Wetter kann man natürlich nicht beeinflussen, schon klar. Es trägt aber durchaus zur Stimmung und dem Gesamteindruck bei. Meistens zeigt sich der goldenen Oktober in Frankfurt tatsächlich von seiner guten Seite, aber leider nicht immer. Da ist der März in Leipzig wohl gnädiger, zumindest präsentiert sich die Messe auch in diesem Jahr wieder bei bestem Wetter, blauem Himmel und Sonnenschein. Ich sehe tatsächlich viele Menschen, die bereits frühlingshaft-sommerliche Kleidung gewählt und die Strümpfe zu Hause gelassen haben.

Messegelände, Besucher & Termine
Diese kleinen Inseln und das Wasser, das luftige Glasdach, die Brückenverbindungen ... das ist schon sehr schön. Trotzdem laufe ich hier irgendwie nicht so blind wie in Frankfurt, was sicher auch an der Anzahl der Besuche liegen mag, aber Frankfurt ist vertrauter. Ein bissel vermisse ich einfach die Größe, den Sinnenrausch und das Gefühl erschlagen zu werden aus Frankfurt. In Leipzig drohe ich manchmal auch an größeren Verlagen vorbei zu rennen, weil die Stände einfach deutlich kleiner sind und natürlich vermisse ich einige Verlage, die hier nicht ausstellen. Dafür finde ich die breiten Treppen als Alternative zu den Rollmonstern befreiend, wobei mir auch auffällt, dass in Leipzig weniger Leute stehen bleiben und große Unfälle gar nicht erst passieren. Ist wohl eine Rhythmusfrage – hier sind eh alle entspannt ;-) An das bunte Manga-Potpourri hat man sich auch in Frankfurt langsam gewöhnt, aber die vielen Schulklassen befremden mich doch und ich gestehe, da kommt das Hektische in mir durch und ich möchte manchmal einfach huschen ...
Doch die Entspannung überträgt sich und wird auch in den Terminen spürbar. Unvorstellbar für Frankfurter Verhältnisse, zu spät zum nächsten, eng getakteten Termin zu kommen. Und nicht, weil es so lange von A nach B dauert, sondern weil die VerlagskollegInnen und -kollegen einfach mehr Zeit haben und ins Plaudern kommen. Hier unterhält man sich tatsächlich länger, sowohl am Stand als auch auf dem Gang. Wobei ich sagen muss, dass ich in Leipzig – obwohl kleiner – nie so viele bekannte Gesichter treffe wie in Frankfurt ...

Es waren definitiv schöne Tage; die Leipziger Buchmesse ist einfach ein klasse Start ins Bücherjahr! Ich habe spannende Gespräche geführt, viel Input bekommen und Inspiration mitgenommen. Jetzt heißt es, ran an die eigentliche Messenachbereitung, den die Zeit vergeht ja wie im Fluge und nach der Messe ist vor der Messe ... Bis Frankfurt sind es nur noch sieben Monate und tatsächlich freue ich mich schon jetzt drauf!

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