Donnerstag, 22. März 2012

Gutmenschen


Ein guter Mensch zu sein, finde ich durchaus erstrebenswert. Doch wann ist man ein guter Mensch? Wenn man aufrichtig ist? Hilfsbereit, gesetzestreu, vorurteilsfrei, moralisch, gläubig? Wenn man ökologisch bewusst lebt, politisch aktiv ist, spendet und/oder ehrenamtlich arbeitet? Zählen die kleinen Dinge im Alltag oder müssen es die ganz großen Themen sein? Und: Muss ich darüber sprechen?
Tu Gutes und sprich darüber – das kennt man. Das ist auch nicht verwerflich. Wer Gutes tut, dies kundtut und andere mitreißt, kann sicherlich Gutes bewirken. Manchmal wäre es aber wünschenswert, einfach in seinem Alltag seine Überzeugungen zu leben und ... die Klappe zu halten! Mich beeindrucken Menschen, die richtig handeln und dies ganz nebenbei tun. Solche, die aus ihrer Überzeugung heraus tätig werden, oftmals auch im Kleinen und vielleicht sogar Verborgenen. Für die es selbstverständlich ist, zu helfen, Menschen zu achten, an die Umwelt zu denken, aktiv zu sein ...
Nur ganz schwer zu ertragen finde ich hingegen die Gutmenschen. Jene Menschen, die moralisch ach so unangreifbar sind, gleich der Menschheit dienen und nicht zuletzt dies derartig hinausposaunen, dass sich alle anderen schämen sollten. Themen, die bewegen gibt es ja zuhauf. Doch gibt es auch, wie ich in letzter Zeit verstärkt finde, jede Menge Gutmenschen, die sich berufen fühlen, alles zu wissen, alles richtig zu machen und dies auch reichlich kundtun. Ich will gar nicht sagen, dass man sich keine Gedanken machen soll, dass man Ungerechtigkeiten ignorieren soll, dass man Missstände nicht aufzeigt ...
Was mich nervt sind diese „Aufreger-Apostel“, die so absolut sind, die beständig den moralischen Zeigefinger heben, auf allen Wellen reiten und ihre Erkenntnisse als bahnbrechend verkünden. Denn man stelle sich vor: Size-Zero-Models sind untergewichtig, Zuchttieren in Massenhaltung werden Medikamente verabreicht, Lebensmittel sind genmanipuliert, die Umwelt ist bedroht, Frauen verdienen zu wenig, die Menschheit verdummt, ist korrupt und ignorant. Es gilt sich mit Bioprodukten gesund zu ernähren, den Intellekt zu pflegen, Mainstream-Filme abzulehnen, Kombucha zu trinken, Yoga zu machen, Kultur in sich aufzusaugen, Niveauloses zu verabscheuen, politisch inkorrektes zu verteufeln, Firmen & Produkte zu boykottieren, zu demonstrieren, vegan zu leben ...

Es ist nicht so, dass ich selbst nicht auch versuche, das eine oder andere davon umzusetzen, bzw. dass mich nicht viele Dinge ebenfalls bewegen, abstoßen, aufregen. Doch dieses laute Aufschrecken, ob der Erkenntnis finde ich teilweise schon grenzwertig lächerlich. Vieles ist ein alter Hut – was erschreckend genug ist – und dies sollte einen nicht davon abhalten, sich weiter dafür/dagegen einzusetzen. Nur: Ich muss eben nicht gleich die Welt retten und alle missionieren. Der erste Schritt muss bei mir stattfinden, nicht bei der großen Botschaft. Ändere ich mich, ändern sich unter Umständen auch andere, auch im Kleinen. Ich mag einfach diese Absolutheit nicht und die leider häufig hinter den Aussagen in Großbuchstaben durchschimmernde Scheinheiligkeit. Ich kann nicht predigen, wenn es sich nicht mit meinen Lebensumständen verträgt. Geschwätzt ist schnell, gehandelt .... Da sollte man ehrlich bleiben – wohl kaum jemand ist nur gut! Jeder möge für sich die Dinge in Angriff nehmen und die Überzeugungen leben, die ihm möglich sind, ohne sich selbst aufzugeben, zu verbiegen und an anderer Stelle intolerant zu werden. Ich halte es mit Erich Kästner: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

Sonntag, 18. März 2012

Liebenswert-entspanntes Sachsen: Leipziger Buchmesse 2012

Zurück von der Buchmesse, lasse ich die Ereignisse etwas sacken und denke über das Phänomen „entspanntes Leipzig“ nach. Ich kenne einige Kolleginnen und Kollegen, die Leipzig preisen: als Publikumsmesse, für die angenehme Atmosphäre, die entspannte Stimmung, den netten Austausch, die überschaubare Größe gegenüber Frankfurt, die vielen Lesungen ... Frankfurt oder Leipzig, Frühjahrstreff oder Herbsthighlight, Entspannung oder Stress?
Ich muss gestehen, ich gehöre zu den Frankfurt-Liebhabern und mag die hektische Stimmung, das wuselige Treiben, den Stress, die Wege, die Größe, die Masse, das Adrenalin ... Doch man muss ehrlich sagen, das entspannt-liebenswerte Leipzig hat wirklich Vorzüge, die im Vergleich zu Frankfurt doch auffallend sind. Einige rein subjektive Anmerkungen:

Fahrer öffentlicher Verkehrsmittel
In diesem Punkt liegt Leipzig ganz weit vorn! Das ist schon skurril-schön und ich muss an mich halten, um nicht schallend laut loszulachen, als der Busfahrer in höflich-fröhlichem Tonfall darauf hinweist, dass um die Türen schließen zu können, alle wie die Salzsäulen erstarren sollen. Nein, keine Ironie und keiner muss aussteigen, das ist ernst gemeint. Klappt nicht beim ersten Mal, da der eine oder andere sich doch bewegt, was aber nur mit Humor und Geduld kommentiert wird. Beim vierten Versuch schließen tatsächlich die Türen und wir fahren los. Ich denke an Frankfurt, wo bereits um 8.40 genervt gebrüllt wird ;-) Bus, Straßenbahn oder Taxi – unterwegs wird freundlich kommentiert und Werbung für Leipzig und die Messe gemacht, was mir auch einige Kollegen und Kolleginnen bestätigen. Humor, Geduld und Lokalpatriotismus werden hier groß geschrieben!

Hotel
Ich darf ja während der Frankfurter Messe im eigenen Bett schlafen, aber mein Eindruck von Leipzig ist sehr positiv und ich kenne Geschichten von Kollegen von Frankfurt ... Im Hotel ist es erstaunlich entspannt und auch die Preise sind in Anbetracht der Messe noch im Rahmen. Besonders positiv erstaunt bin ich darüber, dass man sogar Zeit für den berühmt-berüchtigten Servicegedanken hat, die Menschen erstaunlich hilfsbereit sind, freundlich und geduldig: Man kümmert sich! Vielleicht auch eine Mentalitätsfrage, aber da kann der häufig etwas stoffelige-herbe Hessencharme noch ausgebaut werden ;-)

Wetter
Das Wetter kann man natürlich nicht beeinflussen, schon klar. Es trägt aber durchaus zur Stimmung und dem Gesamteindruck bei. Meistens zeigt sich der goldenen Oktober in Frankfurt tatsächlich von seiner guten Seite, aber leider nicht immer. Da ist der März in Leipzig wohl gnädiger, zumindest präsentiert sich die Messe auch in diesem Jahr wieder bei bestem Wetter, blauem Himmel und Sonnenschein. Ich sehe tatsächlich viele Menschen, die bereits frühlingshaft-sommerliche Kleidung gewählt und die Strümpfe zu Hause gelassen haben.

Messegelände, Besucher & Termine
Diese kleinen Inseln und das Wasser, das luftige Glasdach, die Brückenverbindungen ... das ist schon sehr schön. Trotzdem laufe ich hier irgendwie nicht so blind wie in Frankfurt, was sicher auch an der Anzahl der Besuche liegen mag, aber Frankfurt ist vertrauter. Ein bissel vermisse ich einfach die Größe, den Sinnenrausch und das Gefühl erschlagen zu werden aus Frankfurt. In Leipzig drohe ich manchmal auch an größeren Verlagen vorbei zu rennen, weil die Stände einfach deutlich kleiner sind und natürlich vermisse ich einige Verlage, die hier nicht ausstellen. Dafür finde ich die breiten Treppen als Alternative zu den Rollmonstern befreiend, wobei mir auch auffällt, dass in Leipzig weniger Leute stehen bleiben und große Unfälle gar nicht erst passieren. Ist wohl eine Rhythmusfrage – hier sind eh alle entspannt ;-) An das bunte Manga-Potpourri hat man sich auch in Frankfurt langsam gewöhnt, aber die vielen Schulklassen befremden mich doch und ich gestehe, da kommt das Hektische in mir durch und ich möchte manchmal einfach huschen ...
Doch die Entspannung überträgt sich und wird auch in den Terminen spürbar. Unvorstellbar für Frankfurter Verhältnisse, zu spät zum nächsten, eng getakteten Termin zu kommen. Und nicht, weil es so lange von A nach B dauert, sondern weil die VerlagskollegInnen und -kollegen einfach mehr Zeit haben und ins Plaudern kommen. Hier unterhält man sich tatsächlich länger, sowohl am Stand als auch auf dem Gang. Wobei ich sagen muss, dass ich in Leipzig – obwohl kleiner – nie so viele bekannte Gesichter treffe wie in Frankfurt ...

Es waren definitiv schöne Tage; die Leipziger Buchmesse ist einfach ein klasse Start ins Bücherjahr! Ich habe spannende Gespräche geführt, viel Input bekommen und Inspiration mitgenommen. Jetzt heißt es, ran an die eigentliche Messenachbereitung, den die Zeit vergeht ja wie im Fluge und nach der Messe ist vor der Messe ... Bis Frankfurt sind es nur noch sieben Monate und tatsächlich freue ich mich schon jetzt drauf!

Montag, 12. März 2012

Viel Zeit vergangen, viel passiert ...

Kann mir jemand sagen, wohin die letzten Wochen sind? Was sage ich Wochen? Monate! Das arme Blogbaby ist komplett vernachlässigt worden, dabei gab es doch so viele Ideen und Anlässe ... Weihnachten, Plätzchen, der eigentlich obligatorische Jahresrückblick, Jahresanfang und die guten Vorsätze, Pläne und nicht zuletzt die AVP Jahrestagung, die wir in Mainz organisiert haben und so viel anderes aus dem Alltag, worüber es sich zu schreiben lohnt. Doch irgendwie haben mich so viele Dinge beschäftigt und auf Trab gehalten, dass das Schreiben hinten anstehen musste.

Sehr entspannte Kollegen ...
Jetzt hat sich noch mehr ereignet und verändert: Seit Anfang März bin ich alleine selbstständig mit everybody’s public. Die Zeit mit Dodo war eine wahnsinnig aufregende, hat uns beide wachsen lassen, Spaß gemacht und ich bin dankbar für unser gemeinsames Abenteuer. Big hug!! Privat haben wir noch einander, aber im Büro bin jetzt nur noch ich, na ja, fast ... da gibt es ja noch die beiden Agenturtiger und die leisten mir auch in Zukunft Gesellschaft ;-)

Jetzt heißt es alleine weitermachen und somit ein stückweit einen Neuanfang wagen. Ich freue mich darauf und bin gespannt, was mich alles erwartet. Wenn schon Veränderung, dann richtig, denke ich mir ja: Jetzt heißt es umgestalten und neue Projekte angehen. Alles passiert gerade so schnell und gleichzeitig. Die Tage haben einfach viel zu wenig Stunden und irgendjemand hat mal festgelegt dass man schlafen muss ...
Kreativregal mit "Reh"-
statt "Pomodoro"-Technik ;-)
Die Agentur bekommt frische Farbe – ich setze auf weiß und grün als Zeichen des Neustarts. Für frischen Wind muss ich sorgen ;-) Dazu gehört auch der Vorsatz, meinen Rhythmus zu finden, zu rocken, sich Zeit zum Lesen, Austauschen, Weiterbilden und "Spinnen" zu nehmen und die kreative Ader mehr auszuleben. Durch den Kreativworkshop bei Andreas Jacobs (Kaiserliche Anstalt) während der AVP-Tagung habe ich ganz viel Input bekommen, Inspiration erfahren und super Ideen sowie Techniken mit nach Hause genommen. Die wollen natürlich auch umgesetzt werden, denn ich habe gemerkt, da brodelt schon länger etwas in mir: Ich muss mich wieder mehr kreativ austoben!

PS: Den tollen Braingrids-Block auf dem Bild kann man über Andreas Jacobs beziehen.